Annahme- und Ausschlagungsrecht: Ausschlagung des Zweitnachlasses führt gleichsam zum Wegfall der Erbenstellung beim Erstnachlass
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Im Fall einer Erbschaft müssen sich die Erben mit der Frage auseinandersetzen, ob sie die Erbschaft antreten oder von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, die Erbschaft innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen auszuschlagen. Letzteres erfolgt häufig in den Fällen, in denen die Erben davon ausgehen, dass sie Schulden vererbt bekommen. Mit der Frage, welche darüber hinausgehenden Konsequenzen sich aus einer Ausschlagung ergeben, hatte sich das Oberlandesgericht München (OLG) zu beschäftigen.
Der Entscheidung des Gerichts lag im Grunde ein zunächst alltäglicher Sachverhalt zugrunde. Der Verstorbene war verheiratet, gemeinsame Kinder existierten nicht. Die Eltern des Erblassers waren ebenfalls bereits vorverstorben. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers lebte noch dessen Schwester, die als weitere (gesetzliche) Erbin in Betracht kam und die grundsätzlich zur Ausschlagung der Erbschaft berechtigt war. Besonders wurde der Fall, weil die Schwester innerhalb der Ausschlagungsfrist selbst verstarb. Ihr eigener Sohn war bereits vor mehreren Jahren verstorben, so dass das Recht zur Ausschlagung kraft Gesetzes auf den Enkel übergegangen war. Dieser hatte selbst form- und fristgerecht die Erbschaft nach der Großmutter, der Schwester des Erblassers, ausgeschlagen. Nun beantragte die Ehefrau des Erblassers einen alleinigen Erbschein, den ihr das Nachlassgericht verweigerte. Es war der Ansicht, dass auch der Enkel der verstorbenen Schwester gesetzlicher Erbe geworden sei, obwohl er die Erbschaft nach seiner Großmutter ausgeschlagen habe. Sein eigenes unmittelbares gesetzliches Erbrecht nach dem Großonkel habe er durch die Ausschlagung der Erbschaft der Großmutter nicht verloren.
Dieser Ansicht des Nachlassgerichts erteilte das OLG jedoch eine Absage. Die Ausschlagung des Erbes in Bezug auf seine Großmutter führte auch zum Wegfall seiner Erbenstellung in Bezug auf den Erblasser - seinen Großonkel. Den Erstnachlass, so das OLG, erhält der sogenannte Erbeserbe nur als Bestandteil des Zweitnachlasses, so dass er mit der Ausschlagung des zweiten Nachlasses auch das Annahme- und Ausschlagungsrecht hinsichtlich des Erstnachlasses verliert.
Hinweis: Jedes Rechtsgebiet ist komplex. Doch in Sachen Erbrecht ist es auch aufgrund emotionaler und vielschichtiger Familienbündnisse stets zu empfehlen, vor entscheidenden Schritten eine geeignete Rechtsberatung einzuholen.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 11.03.2020 - 31 Wx 74/20
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(aus: Ausgabe 05/2020)