Eine Vor- und Nacherbfolge soll gewährleisten, dass der Vorerbe den Nachlass nicht für sich verbraucht und für die nachfolgenden Erben schließlich nichts mehr übrig bleibt. Daher darf ein Vorerbe unter anderem Nachlassvermögen nicht unentgeltlich abgeben.

Eine Frau verstarb und setzte ihre beiden Enkel als Vorerben und deren Nachkommen jeweils als Nacherben ein. Ein Enkel verkaufte ein zum Nachlass gehörendes Hausgrundstück an ein Ehepaar zu einem deutlich vergünstigten Preis, der etwa der Hälfte des tatsächlichen Werts entsprach. Seine Töchter verlangten dann nach seinem Tod die Rückübertragung des Hausgrundstücks, da er als Vorerbe nicht berechtigt gewesen sei, das Haus (zum Teil) unentgeltlich zu veräußern.

Das Gericht stimmte dem zu und ging davon aus, dass eine Teilunentgeltlichkeit bei diesem Verkauf vorlag. Dem aufgegebenen Vermögenswert, also dem Haus, stand objektiv keine gleichwertige, in den Nachlass zu erbringende Gegenleistung gegenüber. Der Vorerbe hätte diese Ungleichwertigkeit erkennen müssen. Eine solche Teilunentgeltlichkeit führt nach Auffassung des Gerichts zur Gesamtunwirksamkeit der das Recht der Nacherben vereitelnden Verfügung.

Hinweis: Die Rechtsprechung gewährt dem Nacherben bei teilweise unentgeltlichen Verfügungen ein Wahlrecht: Er kann entweder einen Schadensersatzanspruch gegen den Vorerben oder einen Herausgabeanspruch gegenüber dem beschenkten Dritten geltend machen. Teilunentgeltlichkeit liegt dabei auch schon dann vor, wenn etwas deutlich unter dem marktüblichen Preis verkauft wird.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.03.2018 - I-3 Wx 211/17
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 07/2018)