Ehepaare erstellen häufig gemeinschaftliche Testamente, wobei üblicherweise eine Regelung getroffen wird, die als Berliner Testament bezeichnet wird. Nach dieser Regelung setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Erben ein und (eine) dritte Person(en) - häufig die Kinder - zu Erben des Letztversterbenden. Bei solchen Testamenten sind die Ehepartner an die wechselbezüglichen Bestimmungen im Testament gebunden und können diese weder zu Lebzeiten beider noch nach dem Tod des Partners einseitig ändern. Doch auch hier ist einmal mehr die Auslegung der fixierten Bestimmungen entscheidend - und die hatte im folgenden Fall das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) zu treffen.

Eine Frau hatte zusammen mit ihrem Ehemann ein Testament verfasst. In diesem bestimmten sie jeweils handschriftlich, dass der jeweils andere Ehepartner ihr Erbe werden sollte. Nach dem Tod des Ehepartners sollten wiederum jeweils die eigenen Kinder aus erster Ehe zu Erben werden. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter schloss die Ehefrau mit deren Lebenspartner einen Erbvertrag - ohne Beteiligung ihres Ehemannes. Darin bestätigte die Ehefrau die Erbeinsetzung ihres Ehemannes als nicht befreiter Vorerbe und setzte den Lebensgefährten anstelle ihrer verstorbenen Tochter zum Nacherben ein. Nach dem Tod der Ehefrau stritten nun der Witwer und der Lebensgefährte der verstorbenen Tochter darüber, ob die Erbeinsetzung des Lebensgefährten wirksam war.

Das OLG kam zu dem Schluss, dass in dem gemeinschaftlichen Testament eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet wurde. Auch wenn sie das Testament als "Berliner Testament" bezeichnet hatten, war es nicht so, dass die Eheleute ihr gemeinschaftliches Vermögen einheitlich nach dem ersten Erbfall dem überlebenden Ehegatten und nach dessen Tod einer oder mehreren Personen zugedacht hatten. Sie hatten vielmehr bestimmt, dass nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten der jedem Ehegatten zu seinen Lebzeiten gehörende Teil der eigenen Verwandtschaft zugewendet werden sollte. Die Ehegatten hatten also jeweils eigene Nacherben für ihr jeweiliges Vermögen bestimmt. Die Nacherbschaft war auch nicht durch den Tod der Tochter entfallen. Zwar war eine Neuregelung des Nacherbes im gemeinschaftlichen Testament nicht eindeutig geregelt. Da es den Eheleuten aber bei der Gestaltung des Testaments ersichtlich darum ging, die Vermögen zu trennen und das eigene Vermögen ihren eigenen Abkommen zu hinterlassen, konnte die Ehefrau nach dem Tod der Tochter frei über ihren Anteil verfügen. Sie konnte somit zulässigerweise im Erbvertrag den Lebensgefährten der Tochter zu ihrem Nacherben bestimmen und war nicht aufgrund der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments daran gehindert.

Hinweis: Die Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Daher sollte man sich genau überlegen, welche Fälle geregelt werden und inwieweit diese Regelungen bindend sein sollen. Darüber hinaus sollte man gegebenenfalls auch Möglichkeiten des Widerrufs vorsehen, um flexibel auf geänderte Umstände reagieren zu können.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.08.2018 - 3 Wx 67/18
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2018)