Was Satire darf und was nicht, ist seit geraumer Zeit eine breit diskutierte Frage, die nicht final beantwortet werden kann. Mit einer möglichen Beantwortung sah sich das Oberlandesgericht Dresden (OLG) durch die Klage einer Frau beauftragt, die sich durch einen veröffentlichten Artikel verunglimpft sah. Und da es wie immer auf den Einzelfall ankommt - was einer allgemeingültigen Beantwortung eben auch entgegensteht -, spielt der gesamte Kontext hier die entscheidende Rolle.

Eine Rechtsanwältin hatte einen Mann in einer Verkehrssache vertreten. Über diese Verhandlung veröffentlichte der Mann einen Artikel. Die Rechtsanwältin meinte nun, durch verschiedene Äußerungen im Artikel schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht und ihrer Würde als Organ der Rechtspflege verletzt worden zu sein. Sie verlangte eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 10.000 EUR. Das Geld erhielt sie allerdings nicht - es lag keine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.

Das OLG wertete den Artikel als satirisch angelegte Glosse über eine Gerichtsverhandlung. Der Mann hatte etwas von gängigen Klischees über die Justiz geschrieben, wie "Treppen und Flure wie aus Soko Leipzig" und "Tatort", "Vergitterte Fenster" und "wartete die Zeit, die der Amtsschimmel durchtraben musste". Und in exakt diesen Kontext reihte sich die ebenfalls klischeehafte Beschreibung der Rechtsanwältin ein, der ein "filmreifer Auftritt" bescheinigt wurde, bei dem sie mit "Gesetzen und Paragrafen abrufbereit angefüllt" gewesen sei. Auch beim Vergleich des Erscheinungsbilds der Rechtsanwältin im Gerichtssaal mit dem Auftreten einer "Dame vom Escortservice" handelte es sich nicht etwa um die Behauptung, die Rechtsanwältin selbst übe einen solchen Beruf aus oder biete sexuelle Dienstleistungen an. Vielmehr handelte es sich hierbei erkennbar um Satire.

Hinweis: Auch bei der Satire gibt es natürlich Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Eine solche Grenzüberschreitung lag in diesem Fall noch nicht vor.


Quelle: OLG Dresden, Urt. v. 04.09.2023 - 4 U 1126/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 12/2023)