Erben steht die Verwaltung eines Nachlasses nur gemeinschaftlich zu. Dabei ist jeder seinen Miterben gegenüber verpflichtet, an Maßnahmen mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig sind. Wenn Maßnahmen der Nachlasserhaltung dienen, kann ein Miterbe ausnahmsweise auch ohne Mitwirkung der anderen Entscheidungen treffen. Ob und wann einem Miterben den anderen gegenüber die anteilige Kostenerstattung für die Erteilung eines Erbscheins zusteht, obwohl diese zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Einverständnis hierzu erteilt hatten, musste im Folgenden der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

Der BGH stellte zunächst klar, dass die Beantragung eines Erbscheins kein Fall ist, der zur ordnungsgemäßen Verwaltung eines Nachlasses generell erforderlich ist. Dabei stellte er jedoch heraus, dass es auch abseits der hierbei geltenden Vorschriften Ansprüche eines Miterben auf Aufwendungsersatz geben kann. Solche ergeben sich aus den Regelungen über die sogenannte "Geschäftsführung ohne Auftrag", die durch die erbrechtlichen Sonderregelungen nicht ausgeschlossen werden. Obwohl dieser Anwendungsbereich also grundsätzlich möglich ist, hat der BGH hier eine Kostenübernahmeverpflichtung abgelehnt, da zum Zeitpunkt des Erbscheinsverfahrens kein zwingender Grund dafür vorgelegen habe, den Erbschein zu beantragen. Insbesondere bestand zu diesem Zeitpunkt noch keine Notwendigkeit, die Berichtigung eines Grundbuchs durchzuführen.

Hinweis: Hätte beispielsweise das Grundbuchamt ein Zwangsberichtigungsverfahren nach dem Tod des Erblassers eingeleitet, hätte die kostenverursachende Miterbin auf der Grundlage dieser Entscheidung des BGH ihre Kosten nach den Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag voraussichtlich erstattet verlangen können.


Quelle: BGH, Urt. v. 07.10.2020 - IV ZR 69/20
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 01/2021)