Immobilienschenkung: Wohn- und Rückforderungsrecht des Erblassers hemmt generellen Beginn der Zehnjahresfrist nicht
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Wenn der Erblasser zu Lebzeiten sein Vermögen und damit auch die spätere Erbmasse durch Schenkungen gemindert hat, fragt sich der Pflichtteilsberechtigte, ob diese verschenkten Vermögenswerte bei der Ermittlung seiner Ansprüche noch berücksichtigt werden können. Es war Aufgabe des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG), diese Frage zu beantworten.
Pflichtteilsrelevante Schenkungen werden ab dem Jahr nach der Schenkung pro Jahr mit 10 % wertmindernd berücksichtigt, so dass nach Ablauf von zehn Jahren eine Schenkung für die Ermittlung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen grundsätzlich keine Rolle mehr spielt. Im hier behandelten Fall stellte sich die Frage, ob diese Zehnjahresfrist auch dann mit der Grundstücksübertragung zu laufen beginnt, wenn die Erblasserin sich notariell ein Wohnrecht, ein Nutzungsrecht und eine Rückübertragungsverpflichtung vorbehalten habe.
Das OLG hat insoweit entschieden, dass das Wohn- und Rückforderungsrecht dem Beginn der besagten Frist nicht entgegenstehe. Hier spielte insbesondere eine Rolle, dass die Erblasserin sich das Nutzungsrecht ausschließlich an der im Erdgeschoss befindlichen Wohnung vorbehalten hatte, so dass der Beschenkte über die im Obergeschoss gelegene Wohnung frei verfügen konnte. Auch das Rückforderungsrecht hatte nach Ansicht des OLG keine Auswirkung auf den Fristbeginn, da die Ausübung dieses Rechts im konkreten Fall nicht allein vom Willen der Erblasserin abhing, sondern zusätzlich an ein bestimmtes Verhalten des Beschenkten geknüpft war.
Hinweis: Schenkungen sollten stets unter professioneller Rechtsberatung erfolgen, damit der eigentliche Willen des Schenkenden und späteren Erblassers auch seine entsprechende (rechtliche) Erfüllung erfährt.
Quelle: OLG Zweibrücken, Urt. v. 11.09.2020 - 5 U 50/19
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(aus: Ausgabe 11/2020)