Inflationsausgleich in Elternzeit: Anspruch auf Nachzahlung, aber nicht auf Entschädigung
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Dieses Urteil des Arbeitsgerichts Essen (ArbG) beantwortet die Frage, welche betrieblichen Leistungen Arbeitnehmern zustehen, deren Hauptleistungspflichten ruhen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sie sich in Elternzeit befinden. Die betriebliche Leistung, die hier begehrt und verhandelt wurde, war die sogenannte Inflationsausgleichsprämie.
Eine Arbeitnehmerin war seit 2019 beschäftigt und in der Zeit von 2022 bis Sommer 2024 in Elternzeit. Die Arbeitgeberin zahlte an sie keine Inflationsausgleichsprämie, solange sie sich in Elternzeit befand und keine Teilzeittätigkeit ausübte. Andere Arbeitnehmer erhielten Zahlungen nach dem für die Branche einschlägigen "TV (Tarifvertrag) Inflationsausgleich". Daraufhin forderte die Frau ihre Arbeitgeberin auf, die Auszahlung nachzuholen, und machte gleichzeitig Ansprüche wegen einer Diskriminierung wegen des Geschlechts geltend.
Das ArbG differenzierte: Die Inflationsausgleichsprämie erhielt die Arbeitnehmerin. Der Ausschluss von Arbeitnehmern in Elternzeit von der Zahlung eines tariflichen Inflationsausgleichs verstieß gegen das Willkürverbot. Der Tarifvertrag war an dieser Stelle rechtswidrig und die Arbeitnehmerin konnte verlangen, so gestellt zu werden, als zähle sie zum Kreis der Begünstigten. Allerdings stand ihr kein Entschädigungsanspruch wegen einer möglichen Diskriminierung aus § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz zu. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hätte. Eine solche grobe Fahrlässigkeit ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen dann anzunehmen, wenn sich der diskriminierende Charakter einer Regelung geradezu aufdrängt, was nicht der Fall war. Vielmehr handelte es sich dabei um eine schwierige Rechtsfrage. Die Frage, ob die Tarifvertragsparteien beim Kreis der Anspruchsberechtigten einer Sozialleistung wie der Inflationsausgleichsprämie die streitgegenständliche Differenzierung vornehmen dürfen, ist nicht ausreichend höchstrichterlich geklärt und betrifft eine Vielzahl von Arbeitnehmern.
Hinweis: Wer nun meint, noch Ansprüche geltend machen zu können, sollte sich beeilen. Auch im Arbeitsrecht gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Hinzu kommen häufig Ausschlussklauseln in Arbeits- oder Tarifverträgen.
Quelle: ArbG Essen, Urt. v. 16.04.2024 - 3 Ca 2231/23
zum Thema: | Arbeitsrecht |
(aus: Ausgabe 08/2024)