Kein Monat ohne Entscheidungen rund um die rechtlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Man ahnt, dass dies bei den verschiedenen rechtlichen Bereichen zu diesem Thema noch eine ganze Weile andauern wird. Denn auch für die Rechtsprechung war und ist die Auseinandersetzung mit den Konsequenzen ein weites Feld. Daher ging die Frage, wann der Vertrag mit dem Fitnessstudio kündbar ist - und wann eben nicht - auch bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).

Eine Frau war seit Dezember 2019 Mitglied in einem Fitnessstudio. Die Laufzeit des Vertrags betrug 100 Wochen - also knapp zwei Jahre. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste die Betreiberin das Fitnessstudio von Mitte März bis Mitte Mai im ersten sogenannten Lockdown schließen. Die Mitgliedsbeiträge von monatlich 34,95 EUR zog das Studio zwar weiterhin vom Konto der Frau ein, bot ihr dafür aber kostenlose Trainingswochen nach Wiedereröffnung des Fitnessstudios an. Am 31.05.2020 unterzeichnete die Sportlerin einen "Ruhezeitantrag" über eine Unterbrechung der Mitgliedschaft für zehn Wochen. Nach der Wiedereröffnung des Fitnessstudios bestanden aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie verschiedene Nutzungseinschränkungen, insbesondere konnten die Duschen und die Sauna nicht genutzt werden. Am 02.11.2020 musste das Fitnessstudio dann erneut schließen. Während dieses zweiten Lockdowns, der bis zum 31.05.2021 dauerte, zog das Fitnessstudio keine Mitgliedsbeiträge ein. Die Sportlerin kündigte ihre Mitgliedschaft im November 2020 dennoch. Als das Fitnessstudio die Kündigung nicht akzeptierte, legte sie eine Klage ein auf Feststellung, dass das Vertragsverhältnis beendet ist - ohne Erfolg.

Die außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags durch die Kundin mit der Begründung, sie könne wegen pandemiebedingten Betriebsschließungen und -beschränkungen das Fitnessstudio nicht im vertraglich vereinbarten Umfang nutzen, kommt nur im Ausnahmefall in Betracht. Die Verletzung vertraglicher Pflichten berechtigt zur außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses nur, wenn sie so schwerwiegend ist, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern in einem Maß beeinträchtigt wird, dass der Kündigenden ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar ist. Und dies war laut BGH vorliegend nicht der Fall.

Hinweis: Wegen coronabedingter Schließungen durften also in der Regel Fitnessstudioverträge nicht außerordentlich gekündigt werden. Das wird insolventen Fitnessstudiobetreibern nun aber auch nicht mehr helfen.


Quelle: BGH, Urt. v. 19.04.2023 - XII ZR 24/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)