Die Pandemie hat so einige unserer Lebensplanungen über den Haufen geworfen. Daher werden uns die rechtlichen Auswirkungen vertraglicher Zu- und Absagen noch eine Weile beschäftigen - so wie den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob einer beaufragten Hochzeitsfotografin nach pandemiebedingter Terminverschiebung Geld zusteht oder sie den bereits erhaltenen Teilbetrag sogar zurückzahlen muss, wenn sich das Brautpaar inzwischen für einen Kollegen der Fotografin entschieden hatte.

Ein Ehepaar beabsichtigte, im August 2020 kirchlich zu heiraten. Sie wandten sich an eine Fotografin. Im Oktober 2019 bedankte sich die Fotografin für die Beauftragung und stellte für "Reportage Hochzeit 1.8.2020 (1. Teilbetrag)" 1.200 EUR von der insgesamt vereinbarten Vergütung i.H.v. 2.500 EUR in Rechnung. Der Betrag wurde von den Klägern sodann auch beglichen. Doch dann kam Corona, und die Hochzeit wurde um ein Jahr verschoben. Für diesen neuen Termin beauftragte das Brautpaar aber einen anderen Fotografen, woraufhin die Fotografin ein weiteres Honorar von 550 EUR forderte. Das lehnte das Hochzeitspaar nicht nur ab - es verlangte zudem die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.200 EUR. Es erklärte wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Der BGH aber sah keinerlei Ansprüche auf eine Rückzahlung oder auf die Feststellung, dass die weitere Vergütung von 550 EUR nicht geschuldet wird. Ein Rückzahlungsanspruch folgt aus einem Rücktrittsrecht des Brautpaars wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nämlich nicht. Die ergänzende Vertragsauslegung ergab, dass die pandemiebedingte Verlegung der geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellte, der die Eheleute zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte hätte. Der Umstand, dass sie nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Fotografin lagen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich. Er ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung deshalb nicht zu berücksichtigen. Daher handelte es sich um eine rechtlich grundlose Kündigung des Vertrags. Somit hatte die Fotogafin folgerichtig einen Anspruch auf eine Vergütung.

Hinweis: Auch, wenn eine Pandemie den schönsten Tag des Lebens bedroht, gilt das allgemeine Vertragsrecht. Entsprechend war hier die Fotografin zu bezahlen.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.04.2023 - VII ZR 144/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)