Vorsicht beim Negativtestament: Eine Enterbung ohne Erbeinsetzung birgt die Gefahr, dass das Erbe dem Fiskus zufällt
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Natürlich kann ein Erblasser durch ein Testament ausdrücklich Anordnung darüber treffen, wer Erbe werden soll. Möglich ist dabei auch, dass der Erblasser einen Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge ausschließt, ohne einen Erben einzusetzen. Wer genau von dieser Enterbung betroffen ist, ist im Einzelfall durch eine Auslegung zu ermitteln - so wie im Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG).
In diesem Fall war die ledige Erblasserin kinderlos verstorben. Die Eltern waren bereits vorverstorben. Mit Ausnahme des Bruders gab es keine weiteren Geschwister der Erblasserin. Diese hinterließ ein im Februar 2007 errichtetes handschriftliches Testament, in dem es unter anderem hieß: "Ausgeschlossen sind alle Verwandten und angeheiratete Verwandten!" Ferner führte sie darin aus, dass die Familie mitleidlos gegenüber "unserem Vertreibungsschicksal" war. "Wir wurden von den Verwandten lächerlich gemacht! Das tut sehr weh!" Auf eine ausdrückliche Erbeinsetzung verzichtete sie in dem Testament jedoch. Der Bruder der Erblasserin beantragte daher einen Erbschein, wohingegen der Fiskus der Ansicht war, an die Stelle eines Erben getreten zu sein.
Das OLG gelangte nach einer Auslegung des Testaments jedoch zur Einschätzung, dass der Bruder der Erblasserin von dem Ausschluss nicht betroffen sei. Die Formulierungen in dem Testament mit den "Verwandten" auf der einen Seite und der Personengruppe "wir" auf der anderen Seite spreche dafür, dass die Erblasserin den Bruder eben nicht zu den von dem Ausschluss betroffenen Verwandten zählte. Das Nachlassgericht hatte demnach auch den beantragten Erbschein zugunsten des Bruders zu Recht erteilt.
Hinweis: Eine Enterbung ohne eine Erbeinsetzung birgt das Risiko, dass ein potentieller Erbe nur durch eine Auslegung zu ermitteln ist. Wird ein Erbe innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist nicht ermittelt, hat das Nachlassgericht festzustellen, dass der Fiskus Erbe nach dem Verstorbenen geworden ist. Ob dies von dem Erblasser tatsächlich gewollt ist, muss gut überlegt sein.
Quelle: OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.11.2020 - 8 W 359/20
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(aus: Ausgabe 03/2021)