Gerade bei älteren Erblassern wird häufig bestritten, dass sie noch testierfähig waren. Hinterlassene Testamente wären dann unwirksam. Um hierbei Klarheit nach dem Tod des Erblassers zu erhalten, müssen häufig die behandelnden Ärzte befragt werden. Da diese jedoch der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen, musste hier das Oberlandesgericht Köln (OLG) Stellung beziehen, wie mit dieser Pflicht umzugehen ist, die durchaus auch noch nach dem Tod des Patienten weiterbesteht.

Eine Frau hinterließ ein notarielles Testament. Die Erben stritten jedoch darüber, ob die Erblasserin testierfähig gewesen war. Daher wurden im Rahmen des Verfahrens die Behandlungsunterlagen aus der Universitätsklinik angefordert, in der sie kurz nach Testamentserrichtung in Behandlung war, und der zuständige Arzt als Zeuge geladen. Dieser verweigerte jedoch die Aussage und die Vorlage der Unterlagen aufgrund seiner ärztlichen Schweigepflicht.

Das OLG stellte klar, dass die ärztliche Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinausreicht, in diesem Fall jedoch davon auszugehen ist, dass der Arzt von seiner Schweigepflicht entbunden ist. Da sich hier eine positive Willensäußerung der Verstorbenen nicht feststellen ließ, musste ihr mutmaßlicher Wille ermittelt werden. Das Gericht ging dabei davon aus, dass ein mutmaßliches Interesse der Erblasserin an der Klärung der Frage ihrer Testierfähigkeit besteht, da nur so das Testament Wirksamkeit entfalten und ihre vor dem Tod in dem Testament getroffenen Anordnungen durchgesetzt werden können.

Hinweis: Zu Lebzeiten des Patienten kann grundsätzlich nur dieser den Arzt von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Auch nach dem Tod sind die Erben oder die nahen Angehörigen wegen der höchstpersönlichen Natur des Schutzinteresses generell nicht berechtigt, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden. In diesem Urteil wurde jedoch klargestellt, dass in der Regel davon auszugehen ist, dass der Verstorbene den Arzt von der Schweigepflicht entbunden hat, soweit es um Fragen seiner Testierfähigkeit geht.


Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 15.05.2018 - I-2 Wx 202/18
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 11/2018)