Wer ein Neufahrzeug kauft, weiß, dass dieses meist noch nicht vom Band gelaufen ist. Doch wie lange muss ein Autokäufer auf sein Fahrzeug warten, und welcher Zeitraum ist für eine Wartezeit als angemessen anzusehen? Die Antworten darauf gab das Amtsgericht Hanau (AG).

In einem Kaufvertrag über ein noch herzustellendes Fahrzeug befand sich eine Klausel, nach der es wegen Lieferschwierigkeiten für Bestellungen keinen Liefertermin gebe. Nach mehrfachen Anfragen und einer Fristsetzung von 14 Tagen erklärte der Käufer knapp ein Jahr nach Kaufabschluss dennoch den Rücktritt von dem Vertrag. Hierfür forderte der Händler sodann Schadensersatz in Form von "Stornogebühren" von über 3.000 EUR, da er schließlich ganz ausdrücklich keinen Liefertermin zugesagt habe.

Das AG entschied jedoch, dass sich der Verkäufer durch eine derartige Klausel im Fahrzeugkaufvertrag nicht von der Pflicht befreien kann, den Pkw zumindest innerhalb einer angemessenen Frist zu liefern. Der Fahrzeughändler kann sich nicht eine beliebig lange Lieferzeit vorbehalten. Liefert der Fahrzeughändler ein bestelltes Fahrzeug nicht innerhalb einer angemessenen Frist, kann der Käufer von dem Kaufvertrag zurücktreten, ohne dass dem Händler Stornierungskosten zustehen. Denn die Regelung in dem Kaufvertrag stellt eine vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingung dar, über die sich der Händler letztlich in unzulässiger Weise die Gültigkeit des Vertrags habe vorbehalten wollen. Maßgeblich ist, ob der Käufer tatsächlich eine angemessene Zeit abgewartet hat, innerhalb derer der Händler das Fahrzeug liefern musste. Das ist unter Abwägung der Interessen beider Seiten nach 18 Monaten durchaus der Fall.

Hinweis: Bei der Bestimmung einer angemessenen Frist war für den Kläger zu berücksichtigen, dass er einerseits durch die Bestellung ein zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht lieferbares Neufahrzeug zu gegebener Zeit erhält, und dass andererseits sein Kapital in wesentlicher Höhe durch den Kaufvertrag bis auf weiteres gebunden ist. Auf Seiten des Beklagten war einerseits dessen Interesse und das seiner Kundschaft am Handel auch mit noch zu produzierenden Neufahrzeugen und andererseits das grundsätzlich ihn treffende Risiko zu berücksichtigen.


Quelle: AG Hanau, Urt. v. 31.01.2024 - 39 C 111/23
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2024)