Die folgende Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) zeigt, dass ein Gericht durchaus auf pragmatische Wege verweisen kann, etwa Verfahren zu verkürzen oder gar zu vermeiden. Hier traf es die Kollegen des Nachlassgerichts, die sich in einem Erbscheinsverfahren an geltende Regeln zu halten meinten. Dass es hierbei aber auch einfacher ginge, zeigt der folgende Beschluss des OLG.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte eine Erbin einen gemeinschaftlichen Erbschein, der die vier Kinder der Erblasserin zu Miterben zu je einem Viertel ausweisen sollte. Das Nachlassgericht wies die Antragstellerin mehrfach darauf hin, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne, da eine weitere Erbin vorhanden sei. Nachdem die Antragstellerin hierauf nicht reagierte, wurde der Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Die Antragstellerin erhob daraufhin nicht nur gegen diese Entscheidung Beschwerde; sie beantragte zudem - nunmehr dem Hinweis des Nachlassgerichts folgend - einen Erbschein, der die vier Kinder der Erblasserin sowie eine weitere Person als Erben zu je einem Fünftel auswies. Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dies damit begründet, dass über einen geänderten Antrag im Beschwerdeverfahren nicht entschieden werden könne.

Das OLG hat diese Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an das Nachlassgericht zurückverwiesen. Zwar sei es grundsätzlich richtig, dass in einem Beschwerdeverfahren eine Antragsänderung oder ein neuer Antrag nicht zulässig sind. Eine Entscheidung kann schließlich nicht auf Verfahrensgegenstände ausgedehnt werden, die nicht bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung waren. Das OLG ist aber der Ansicht, dass ein Antrag auch dann noch rechtzeitig gestellt sei, wenn er zusammen mit der Beschwerde eingereicht werde. Denn so habe auch das Nachlassgericht bereits die Möglichkeit, seine eigene Entscheidung abzuändern, bevor die Angelegenheit vom OLG zu behandeln ist.

Hinweise: Da die Beschwerde beim Nachlassgericht als Ausgangsgericht eingelegt werden muss, ist es zwingend erforderlich, dass ein geänderter Antrag zusammen mit der Beschwerde eingereicht wird. Eine Antragsänderung ist nicht mehr möglich, wenn diese erst nach Einlegung der Beschwerde erfolgt. In diesem Fall kann nur ein neuer kostenpflichtiger Antrag gestellt werden.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 13.09.2022 - 3 W 83/22

zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 01/2023)