Auslegung des Vollstreckungstitels: BGH spricht Erben volle Zugangsrechte auf Social-Media-Konten von Verstorbenen zu
- Kategorie: Aktuelles
Zum wiederholten Mal musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit den Auskunftsansprüchen von Erben gegenüber den Betreibern von Plattformen aus dem Bereich der sozialen Medien beschäftigen. Denn die nach einem ersten Urteilsspruch gestatteten Zugriffsrechte auf das Konto einer Verstorbenen hielten die klagenden Erben zu Recht für unzureichend.
Nachdem ihre damals noch minderjährige Tochter verstorben war, stritten die Eltern in Erbengemeinschaft mit dem Betreiber einer Social-Media-Plattform über den Zugang zum Account der Verstorbenen. Mit Urteil vom 12.08.2018 hatte der BGH bereits entschieden, dass den Eltern in Erbengemeinschaft Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto der Erblasserin und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewährt werden müsse. Die Betreiber der Plattform stellten den Eltern daraufhin jedoch lediglich ein PDF-Dokument zur Verfügung, das nach den Angaben der Betreiber der Plattform eine Kopie der ausgelesenen Daten aus dem von der Verstorbenen geführten Konto enthält. Die Eltern waren der Ansicht, dass die Verpflichtung aus der Entscheidung, einen Zugang zum Account der Verstorbenen zu gewähren, damit nicht erfüllt sei.
Der BGH gab den Klägern völlig recht mit ihrer Vermutung. Der Senat vertrat nunmehr die Ansicht, dass die Auslegung des Vollstreckungstitels ergebe, dass der Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto die Möglichkeit beinhalten muss, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Art und Weise Kenntnis nehmen zu können, wie dies die Erblasserin einst gekonnt habe.
Hinweis: Dieses Urteil bedeutet, dass sich die Erben in dem Benutzerkonto - mit Ausnahme einer aktiven Nutzung, zum Beispiel durch neue Postings - so bewegen können müssen wie zuvor die Erblasserin selbst.
Quelle: BGH, Urt. v. 27.08.2020 - III ZB 30/20
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 11/2020)