Zusammengesetztes Testament: Ergänzung nur gültig, wenn die ursprüngliche Erklärung im Original noch vorhanden ist
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Zwar muss ein Testament nicht zwingend auf einer Urkunde errichtet werden, aber immer noch ist unklar, welche Voraussetzungen genau erfüllt sein müssen, damit aus mehreren Erklärungen ein zusammenhängendes formwirksames Testament wird. Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) musste sich dieses Themas annehmen.
Der Erblasser hatte auf einem handschriftlichen Dokument eine Vermächtnisanordnung getroffen, ohne den Vermächtnisnehmer namentlich zu benennen. Zu einem späteren Zeitpunkt ergänzte der Erblasser auf einer Kopie dieser Verfügung: "(...) soll mein Sohn zu Alleineigentum erhalten." Diese Verfügung war ebenfalls von Hand geschrieben, mit Datum versehen und eigenhändig unterschrieben.
Die ursprüngliche Verfügung war nach Ansicht des OLG nicht wirksam, da sich aus ihr nicht entnehmen ließ, wem das Genannte zugewandt werden sollte. Auch die vom Erblasser vorgenommene Ergänzung war für sich genommen nicht ausreichend, hieraus eine eigenständige Vermächtnisanordnung zu entnehmen. Möglich sei aber - so das OLG -, dass ein Testament wirksam dadurch errichtet wird, dass der Erblasser auf einer Kopie der ersten (zunächst unvollständigen) Erklärung diese durch eine sinnvolle Anordnung ergänzt, so dass sich hieraus zweifelsfrei der Wille des Erblassers feststellen lässt. Dieses Prinzip kam hier jedoch deshalb nicht zum Tragen, da die Existenz der ursprünglichen Urkunde nicht mehr nachgewiesen werden konnte.
Hinweis: Neben den formalen Voraussetzungen der handschriftlichen Errichtung der Verfügung ist entscheidend, dass zum Zeitpunkt der zweiten Erklärung die ursprüngliche Erklärung noch im Original vorhanden ist.
Quelle: OLG Nürnberg, Urt. v. 04.08.2020 - 3 U 2727/19
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(aus: Ausgabe 11/2020)