Unter dem Motto "Augen auf bei der Berufswahl" mag wohl niemand so schnell auf den Gedanken kommen, dass man stabile Erdkundekenntnisse aufweisen können sollte, wenn man plant, Bestatter zu werden. Doch bedenkt man, dass so mancher Mensch seine letzte Ruhestätte dort haben möchte, wo er seine schönste Zeit verbracht hat, sieht das Ganze womöglich schon anders aus - und so führte ein geographisches Missverständnis zwei Parteien vor das Oberlandesgericht Hamm (OLG).

Ein Bestattungsunternehmen war von einer Witwe mit der Einäscherung und anschließenden Urnenseebestattung ihres Ehemanns beauftragt worden: Der Verstorbene wollte gerne in der Nordsee bestattet werden. Das Bestattungsunternehmen machte jedoch einen Fehler: Es bestattete den verstorbenen Ehemann in der Ostsee und nicht in der Nordsee. Daraufhin verlangte die Ehefrau des Verstorbenen ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR. Sie behauptete, sie habe aufgrund des fehlerhaften Bestattungsorts ein Psychotrauma entwickelt und leide seitdem an Schlafstörungen, Bluthochdruck und Depressionen.

Das OLG hatte auf Grundlage eines Gutachtens sowohl die Depression als auch die Schlafstörungen als kausale Folge der Pflichtverletzung des Bestattungsunternehmens anerkannt. Demgegenüber war es nicht davon ausgegangen, dass auch eine akute Belastungsreaktion sowie Bluthochdruck auf die fehlerhafte Durchführung der Bestattung zurückgeführt werden könne. Deshalb erhielt die Frau 2.500 EUR Schmerzensgeld. Es lag zwar durchaus ein fahrlässiges Verhalten des Bestatters vor - ein Schmerzensgeld habe aber nicht die Funktion, einen "Denkzettel" zu verpassen.

Hinweis: Das OLG zeigt deutlich auf, wo die Grenzen des Schmerzensgeldes zu finden sind. Außerdem werden dort, wo Menschen arbeiten, Fehler gemacht.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 15.03.2022 - 21 U 170/21
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2022)