Der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG) ist brisant, da man der Klägerin in einem Kündigungsschutzverfahren hier einfach mal ein gutes Ansinnen unterstellen kann. Dennoch bleibt es dabei, dass (mutmaßlich) begangenes Unrecht kein weiteres Unrecht zur Behebung des Missstands rechtfertigt. Daher sollte man stets Vorsicht walten lassen, wenn zu Unrecht erlangte Informationen an das eigene (Un-)Rechtsempfinden appelieren.

Eine seit 23 Jahren bei einer evangelischen Kirchengemeinde beschäftigte Verwaltungsmitarbeiterin hatte Zugriff auf den Dienstcomputer des Pastors. Darauf las sie eine E-Mail, in der es um den Verdacht sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau ging. Im E-Mail-Konto fand sie als Anhang einer privaten E-Mail einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau, den sie auf einem USB-Stick speicherte. Später leitete sie die Daten anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiter, um die im Kirchenasyl lebende Frau zu schützen und Beweise zu sichern. Als die Weitergabe bekannt wurde, kündigte die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis fristlos, wogegen die Verwaltungsmitarbeiterin klagte - jedoch vergeblich.

Die fristlose Kündigung war in den Augen des LAG rechtmäßig, da das notwendige Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört war. In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten lag auch wegen der damit einhergehenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Die Gründe für die Weitergabe der Daten waren dabei unerheblich, da die Frau mit ihrer Vorgehensweise keines der angegebenen Ziele hätte erreichen können.

Hinweis: Arbeitnehmer sollten bei einem begründeten Verdacht auf strafbare Handlungen direkt den Arbeitgeber einschalten, nicht andere Dritte.


Quelle: LAG Köln, Urt. v. 02.11.2021 - 4 Sa 290/21
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 03/2022)