Erben (un-)bekannt: Die ausreichende Wahrscheinlichkeit der gesetzlichen Erbfolge schließt eine Nachlasspflegschaft aus
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Wenn über die Person der Erben Unklarheit besteht, kann das Nachlassgericht in einem solchen Fall die Nachlasspflegschaft anordnen. Es wird also eine Person benannt, die sich als gesetzlicher Vertreter der noch unbekannten Erben um die Verwaltung des Nachlasses kümmert und gegebenenfalls die Erben ermittelt.
Eine 1974 verstorbene Frau und ein im Jahre 2016 verstorbener Mann waren Eigentümer eines Grundstücks. Nach dem Tod des Mannes beantragte sein Nachlasspfleger auch eine Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben der verstorbenen Frau, da für sie keine lebenden Erben bekannt waren. Das Gericht weigerte sich jedoch, da die Frau von ihrem 1977 verstorbenen Ehemann und ihren 1989 und 2009 verstorbenen Kindern beerbt worden sei und somit eine Nachlasspflegschaft nicht in Betracht komme.
Auch durch das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) als nächste Instanz wurde die Anordnung einer Nachlasspflegschaft abgelehnt, da nach Ansicht des Gerichts die Erben der Erblasserin im Rechtssinne nicht unbekannt waren. Bei klaren tatsächlichen Verhältnissen reicht es aus, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit feststeht, wer Erbe geworden ist, um die Erben als bekannt anzusehen. Da keine Anhaltspunkte für eine Verfügung von Todes wegen bestanden und die damaligen familiären Verhältnisse der Erblasserin bekannt waren, ging das OLG davon aus, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beerbt worden war. Dass deren Erben wiederum unbekannt sind, spielt nach Ansicht des Gerichts nur eine Rolle für die Frage, ob eine Nachlasspflegschaft für einen oder mehrere dieser Erbeserben einzurichten ist. Das jedoch war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Hinweis: Die Entscheidung darüber, ob ein Nachlasspfleger bestellt wird, obliegt dem Gericht. Nach der gesetzlichen Regelung muss das Gericht einen Nachlasspfleger bestellen, sofern ein Bedürfnis besteht, für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen.
Quelle: OLG Braunschweig, Urt. v. 23.10.2019 - 1 W 26/19
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(aus: Ausgabe 01/2020)