Nicht erst seit dem aktuellen Flüchtlingsaufkommen sind einige Städte und Gemeinden dazu übergegangen, Wohnraum zu beschlagnahmen. Auch 2015 wurde dieses Prozedere angewendet. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) musste im folgenden Fall jedoch klare Grenzen setzen, an die sich auch Städten und Gemeinden zu halten haben, was Folgekosten der vorübergehenden Nutzung angeht.

Eine Eigentümerin hatte ein Gebäude im Jahr 2013 errichtet. Im April 2015 einigten sich die Vermieterin und die Stadt anlässlich der sogenannten Flüchtlingskrise im Jahr 2015 auf eine entgeltliche Unterbringung von Flüchtlingen in den sechs Wohnungen. Die Wohnungen wurden beschlagnahmt. Nach dem Auszug der Bewohner befand sich das Objekt dann jedoch in einem stark abgewohnten und teilweise zerstörten Zustand. Die Renovierungskosten beliefen sich auf 293.000 EUR, die die Stadt bezahlte. Weitere knapp 290.000 EUR sollten als Nutzungsentschädigung für die Zeit bis zur Beendigung der Renovierungsarbeiten gezahlt werden. Als die Stadt nicht freiwillig zahlte, wurde sie von der Eigentümerin des Gebäudes verklagt. Die Gebäudeeigentümerin erhielt ihr Geld.

Es ist laut OLG damit zu rechnen, dass die Wohnungen nach der Nutzung als Erstunterkunft zur Unterbringung von Flüchtlingen einer grundlegenden Instandsetzung bedürfen. Das sei regelmäßig die Folge einer besonders intensiven Nutzung. Zudem sei davon auszugehen, dass Sorgfaltspflichten im Umgang mit der Wohnung und ihrem Inventar nicht immer eingehalten würden. Da die Renovierungsmaßnahmen üblicherweise erst nach Beendigung der Unterbringung und vor einer neuen Vermietung erfolgen können, ist auch das Risiko eines Mietausfallschadens zu ersetzen. Dieser Mietausfallschaden umfasst in der Regel die ortsübliche Vergleichsmiete für Mietwohnungen.

Hinweis: Die Beschlagnahme von Wohnraum ist an enge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft. In der Regel hat der Staat erst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, wie beispielsweise die Unterbringung von Geflüchteten in Turnhallen und Ähnlichem.


Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 02.03.2022 - 11 U 84/21
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 07/2022)