Demenzerkrankungen nehmen mit der stetig steigenden Lebenserwartung zu. Welche ärztlichen Feststellungen hierbei ausreichen oder eben nicht, um einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, musste das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) bewerten.

Im Frühjahr 2021 wurde einem Mann die Fahrerlaubnis mit der Begründung entzogen, er sei wegen einer Demenz nicht mehr zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet. Diese Einschätzung stützte die zuständige Behörde auf ein fachärztliches Gutachten, das eine starke Gedächtniseinschränkung und ein baldiges Stadium einer mittelschweren Demenz attestierte. Gegen die Fahrerlaubnisentziehung beantragte der Mann Rechtsschutz, den das Verwaltungsgericht Schleswig dem Mann schließlich auch zusprach.

Das OVG bestätigte nun die Entscheidung der Vorinstanz. Die Entziehung der Fahrerlaubnis mit der Begründung einer schweren Altersdemenz sei rechtswidrig. Das fachärztliche Gutachten habe weder eine solche Erkrankung noch eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten des Antragstellers festgestellt. Zwar sei sein Gedächtnis stark eingeschränkt - ob und inwieweit daraus jedoch eine Einschränkung der Fahreignung resultiere, legte das Gutachten nicht dar. Auch die Einschätzung, dass das Stadium einer mittelschweren Demenz bald erreicht sei, rechtfertige als bloße Vermutung keine Fahrerlaubnisentziehung.

Hinweis: Die gesicherte Feststellung einer Erkrankung im Sinne eines chronischen hirnorganischen Psychosyndroms und seiner Ausprägung erfordert eine umfangreiche persönliche Untersuchung des Fahrerlaubnisinhabers. Die Beurteilung der Fahreignung muss in solchen Fällen individuell anhand des Ausmaßes und des Schweregrads der Symptomatik sowie unter Berücksichtigung von Kompensationsstrategien und Ressourceneinsatz erfolgen.


Quelle: Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 22.07.2021 - 5 MB 16/21
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 11/2021)