Miterben können Ansprüche, die zum Nachlass gehören, grundsätzlich zur Erfüllung nur als Leistung für alle Erben einfordern. Ein Anspruch zur Leistung nur an den Miterben ist nur in sehr engen Ausnahmefällen möglich. Genau dies musste im Folgenden das Oberlandesgericht München (OLG) in einer vor kurzem veröffentlichten Entscheidung nochmals klarstellen.

Im Streitfall stand der Erblasserin ein Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehen zu, das diese einem Dritten gewährt hatte. Mit dem Tod der Erblasserin ist dieser Rückzahlungsanspruch Teil des Nachlasses geworden. Der Kläger - ein Miterbe nach der verstorbenen Erblasserin - wurde von den übrigen Miterben dazu bevollmächtigt, dieses Darlehen gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen. Zu diesem Zweck beantragte er eine Zahlung an sich selbst.

Doch dies sei laut OLG nicht möglich, und damit stand es ganz auf Seiten des vorinstanzlichen Landgerichts. Gesetzlich sei es generell nur möglich, eine Leistung an die Erbengemeinschaft zu verlangen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Miterbe von den übrigen Miterben dazu ermächtigt wurde oder die Leistung an die Erbengemeinschaft reine Formsache wäre, weil die Leistung an den Miterben nur das Ergebnis einer zulässigen Teilauseinandersetzung vorwegnehme. In der Bevollmächtigung, das Darlehen gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen, sah das OLG lediglich die Ermächtigung, einen entsprechenden Prozess zu führen - nicht aber eine Leistung an sich selbst geltend machen zu können.

Hinweis: Auch die möglichen Ausnahmefälle lagen hier nicht vor. Diese würden zum Beispiel dann angenommen, wenn andere Parteien als die Miterben nicht vorhanden wären, ein Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten nicht geltend gemacht werde oder der Miterbe nur einen Anteil verlange, der ihm auch bei einer endgültigen Erbauseinandersetzung in jedem Fall zustehen würde - was einer Vorwegnahme einer möglichen Erbauseinandersetzung gleichkäme.


Quelle: OLG München, Urt. v. 19.08.2020 - 7 U 5934/19
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2020)