Im Rahmen von gerichtlichen Erbauseinandersetzungen kann sich für alle Prozessbeteiligten vorab die Frage stellen, welches Gericht örtlich für die Rechtsstreitigkeit zuständig ist. Langwierige Streitigkeiten über die Zuständigkeit eines Gerichts verzögern den Rechtsstreit, ohne dass eine Entscheidung in der Sache getrofffen wird. Im folgenden Fall konnte erst das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) darüber befinden, wer für den betreffenden Erbstreit zuständig sei.

Hier hatten die Beklagten im Rahmen einer Auseinandersetzung über ein Vermächtnis ihren Wohnsitz im Bezirk des OLG Köln, der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Flensburg (LG). Die Klägerin war die Witwe des im Jahr 2013 verstorbenen Erblassers, die Beklagten dessen Kinder. Ausweislich eines im Jahr 2000 errichteten Testaments wurde der Ehefrau ein kostenloses Wohnrecht an einem zur Erbmasse gehörenden Haus eingeräumt. Im Jahr 2021 verklagte die Witwe die Kinder auf Feststellung, dass diese verpflichtet seien, das Dach dieses vermachten Hauses vollständig zu sanieren und die hierdurch entstehenden Kosten zu tragen. Das LG war jedoch der Ansicht, für diesen Rechtsstreit überhaupt nicht zuständig zu sein.

Das Schleswig-Holsteinische OLG hat die Frage der Zuständigkeit entschieden und das LG als zuständiges Gericht bestimmt. Im Kern hat es diese Entscheidung damit begründet, dass Klagen, die Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen zum Gegenstand haben, vor eben jenem Gericht erhoben werden können, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt habe. Mit dieser Vorschrift seien alle Ansprüche erfasst, die aus dem Rechtsverhältnis stammen - unabhängig von deren Inhalt. Somit soll sichergestellt werden, dass alle einen bestimmten Erbfall betreffenden Streitigkeiten einheitlich an einem sachnahen Gericht konzentriert werden.

Hinweis: Mit der Vorschrift über die Zuständigkeit wird nicht nur die Geltendmachung von Vermächtnissen durch den Vermächtnisnehmer, sondern auch der Streit über Umfang und Inhalt der Vermächtnisanordnung dieser Zuständigkeitsvorschrift untergeordnet.


Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 06.05.2022 - 2 AR 7/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 09/2022)