Wer seinen letzten Willen verfasst, sollte dessen Gültigkeit nicht durch einen formalen Lapsus riskieren. Über einen solchen musste im Folgenden das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) entscheiden, nachdem das Nachlassgericht - und das nicht ganz zu Unrecht - die Eröffnung eines Testaments abgelehnt hatte, da hierfür lediglich eine Testamentskopie vorgelegt wurde.

Der Erblasser hatte im Jahr 1976 sein Testament erstellt, von dem der Alleinerbin lediglich eine Kopie vorlag. Nach dem Tod des Erblassers hat sie diese zum Zweck der Eröffnung beim Nachlassgericht eingereicht und angegeben, dass der Erblasser diese Kopie gefertigt und ihr zur Aufbewahrung übergeben habe. Aus welchem Grund sie nicht das Original habe, war ihr nicht bekannt. Das Nachlassgericht hatte die Eröffnung des Testaments daraufhin abgelehnt und dies damit begründet, dass eine Kopie keine hinreichende Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe biete.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Erbin hatte Erfolg. Zwar sei in der Rechtsprechung durchaus vertreten worden, dass einfache Abschriften und Kopien einer letztwilligen Verfügung nicht eröffnet werden können. Das OLG hat sich aber einer jüngeren Entscheidung seiner Münchener Kollegen angeschlossen, nach der ein Testament auch durch eine Kopie der testamentarischen Verfügung eröffnet werden könne. Im Rahmen der Eröffnung finde lediglich eine summarische Plausibilitätskontrolle statt. Ob ein Schriftstück den materiell-rechtlichen Anforderungen genüge, sei im Eröffnungsverfahren nicht zu entscheiden.

Hinweis: Wie man sieht, haben die Gerichte zwar stets einen gewissen Ermessensspielraum. Auf diesen sollte man sich jedoch nie verlassen - deshalb gilt, sich nicht mit Kopien zu begnügen, wenn so viel auf dem Spiel stehen kann. Da dies auch für den Erblasser gilt, sollte es diesem recht sein, seinen letzten Willen nach seinem Ableben umgesetzt zu wissen.


Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.08.2022 - I-3 Wx 119/22
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 10/2022)