Es kommt nicht selten vor, dass ein Familiengericht zwar den Umgang zwischen einem Kind und seinem getrennt lebenden Elternteil festgelegt hat, der Kontakt aber trotzdem nicht stattfindet. So ging es einem Vater schon seit Jahren, bis er 2021 einen Ordnungsgeldantrag stellte, über den schließlich das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) befinden musste.

2018 hatte es ein Umgangsverfahren gegeben, bei dem der Kontakt mit der 2014 geborenen Tochter sehr sparsam geregelt wurde: wöchentlich donnerstags für zweieinhalb Stunden mit Übergabe unter Aufsicht des Jugendamts. Die Einigung mit familiengerichtlicher Billigung war ein vollstreckbarer Titel. Einige Monate später äußerte die Mutter den Verdacht, dass der Vater dem Kind etwas angetan habe. Die Umgangskontakte wurden sofort eingestellt. Wegen der Corona-Einschränkungen konnte das Jugendamt keine Umgangsbegleitung anbieten. Die Strafanzeige gegen den Vater führte schließlich mangels Tatverdachts zur Verfahrenseinstellung. Daraufhin beschaffte die Mutter eine kinderpsychiatrische Stellungnahme, die besagte, dass sie wegen des Missbrauchsverdachts hochängstlich sei, was das Kind in Alarmbereitschaft versetze und weshalb die Begleitumstände des Umgangs dem Kind nicht zumutbar seien. Die Mutter lehnte ab 2019 mit dieser Begründung ab, das Kind weiterhin zu den Umgangskontakten im Jugendamt zu bringen. Der Missbrauchsvorwurf sei ihrer Meinung nach nicht ausgeräumt, weshalb sie ihr Kind schützen müsse.

Das OLG verurteilte die Mutter zu 500 EUR Ordnungsgeld. Im Fall der grundlosen Weigerung des betreuenden Elternteils, den titulierten Umgang zustande kommen zu lassen, muss das Gericht grundsätzlich Ordnungsmittel festsetzen. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens hätte die Mutter den Umgang wieder gewähren müssen. Es entlastet sie auch nicht, dass sie glaube, der Umgang sei kindeswohlwidrig. Hier wurde das OLG sehr formal: Es gab einen vollstreckbaren Umgangstitel. Im Zwangsgeldverfahren ist nicht das Kindeswohl zu prüfen. Die Prüfung des Kindeswohls war Gegenstand des Erkenntnisverfahrens. Einer erneuten Kindeswohlprüfung im Vollstreckungsverfahren stehen der Grundsatz der strengen Formalisierung der Zwangsvollstreckung sowie der Zweck der effektiven Durchsetzung des Titels entgegen. Anders wäre es nur dann, wenn die Mutter zugleich auch einen Antrag auf Abänderung der Umgangsvereinbarung aus dem Jahr 2018 gestellt hätte.

Hinweis: Zwang darf nie gegen das Kind ausgeübt werden, immer nur gegen den Elternteil, bei dem das Kind wohnt, und der mit Ordnungsgeld dazu gebracht werden soll, sein Kind für den Umgang zu motivieren. Bei wiederholten Verstößen kann immer wieder Ordnungsgeld beantragt werden. Die Höhe liegt im Ermessen des Gerichts und ist auch von den wirtschaftlichen Verhältnissen abhängig. Das Ordnungsgeld bekommt allerdings nicht der Elternteil, dessen Umgang ausfiel, sondern die Staatskasse.



Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.07.2022 - 1 WF 165/21
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 09/2022)